Antonio Stradivari - Ein Portrait

Antonio Stradivari (1644 - 1737) ist auch heute noch der berühmteste Geigenbauer aller Zeiten. Er optimierte die möglicherweise von Gasparo da Salo entworfene und von der Amati-Familie in den Abmessungen festgelegte Form der Geige klanglich in der Voraussicht, aufgrund wachsender Konzertsäle zunehmend einen tragfähigereren Klang zu entwickeln.

Zu seinen Lebzeiten galten zunächst die Violinen von Nicolo Amati und besonders von Jacob Stainer als die besten. Sie waren klanglich zwar ausgewogen, doch fehlte Ihnen die Tragfähigkeit, d.h. die Fähigkeit, in großen Hallen noch bis in die letzten Winkel deutlich hörbar zu sein. Daher sind diese auch heute noch für Kammermusik erste Wahl.
Ihm gelang es in der Reifeperiode, die Klangschönheit der Amatis und Stainers in perfekter Weise mit der nun zunehmend nachgefragten Tragfähigkeit zu verbinden. Die Qualität dieser Kombination soll bis heute unerreicht sein, obwohl es auch heute nachweislich Instrumente von hervorragenden Geigenbauern gibt, die einem Vergleich mit einer Stradivari standhalten.

Die Preise für eine echte Stradivari gehen in die Millionen (DM), und so ist es kaum verwunderlich, daß es unter dem Namen Antonio Stradivari seit Beginn des 19. Jh. bis heute die meist gefälschten Instrumente gibt. Es gibt eine Anekdote, daß mehrere Jahrzehnte eine Geige fälschlich für eine echte Stradivari gehalten worden war. Schließlich stellte sich heraus, daß dieses Instrument von dem französischen Meister Vuillaume gefertigt worden war, der mithin als der französische Stradivari gilt, jedoch auch nicht zuletzt wegen seiner "Tiefenbrucker-Fälschungen" auch als genialer Betrüger die Aufmerksamkeit erregte.

Eckdaten:

Stradivari wurde 1644 als Kind von Alessandro Stradivari (* 15. Jan. 1602 + ?) und Anna Moroni (* ? + ?) geboren. Es gibt über das Datum der Geburt von Antonio Stradivari  leider keine genauen Kirchenbuchaufzeichnungen, das Datum wurde über die handschriftlich von Count Cozio de Salabue angebrachten Bemerkungen auf den in den Instrumenten befindlichen Geigenzetteln "d'anni 89" usw. rückgerechnet. Neuere Forschungen gehen von einem Geburtsjahr 1648 aus, so daß Cozio den Meister um 4 Jahre altern ließ.

Stradivari heiratete Francesca Ferraboschi (geb. 07. Oktober 1640). Von ihr hatte er sechs Kinder:
1. Giulio Stradivari (23. Dez. 1667 - 07. Aug. 1707)
2. Francesco Stradivari (06. Feb. 1670 - 12. Feb. 1670)
3. Francesco Stradivari (01. Feb. 1671 - 11. Mai 1743)
4. Catterina Stradivari (25. Mar. 1674 - 17. Jun. 1748)
5. Alessandro Stradivari (25. Mai 1677 - 26. Jan. 1732)
6. Omobono Stradivari (14. Nov. 1679 - 08. Jun. 1742)

Nach dem Tod seiner Frau am 25. Mai 1698 heiratete er am 24. Aug. 1699 Antonia Zambelli (geb. 11. Juni 1664). Von ihr hatte er fünf Kinder:
7. Francesca Stradivari (19. Sep. 1700 - 11. Feb. 1720)
8. G. B. Giuseppe (06. Nov. 1701 - 08. Jul. 1702)
9. G. B. Martino (11. Nov. 1703 - 01. Nov. 1727)
10. Giuseppe (27. Okt. 1704 - 02. Dez. 1781)
11. Paolo (26. Jan. 1708 - 14. Okt. 1776)

Nur zwei seiner Kinder arbeiteten als Geigenbauer in seiner Werkstatt, nämlich Francesco und Omobono. Ab ca. 1700 beginnt die Reifephase des Meisters, zu dieser Zeit sind seine unterstützenden Söhne 29 bzw. 20/21 Jahre alt. Die goldene Periode endet nach 1720, Antonio ist über 70, die Söhne ca. 50 bzw. 40 Jahre alt.

Es gibt nicht viele Instrumente der Söhne, die als solche ausgewiesen sind. Die Vermutung liegt nahe, daß diese zu Lebzeiten ihres Vaters mit niederen Arbeiten, wie Schneckenschnitzen und anderen Vorarbeiten vorlieb nehmen mußten. Zudem war Antonio zur Zeit seiner Reife ein reicher und angesehener Mann, so daß die Werkstatt nur gewinnen konnte, wenn er und nicht jemand anders die tonkritischen Feinarbeiten erledigte, bzw. eben seinen Namen in die Instrumente klebte.

Francesco und Omobono starben einige Jahre nach dem Tod ihres Vaters. Leider war dies das Ende der Werkstatt Stradivari. Und damit nicht genug: Um 1750 endete die Blütezeit der Cremoneser Hochqualitätsproduktion von Geigen. Kurze Zeit später wußte eigentlich niemand mehr, warum die Instrumente von vor 1750 so gut klingen.
So ist es bis heute Usus, Spitzenvirtuosen Instrumente von Stradivari oder Guarneri del Gesu auf Lebenszeit zu leihen. Viele schreiben die hervorragenden Klangqualitäten dieser Instrumente einem verloren gegangenen Geheimnis der Lackierung zu. Dieses Argument ist nicht ganz zu entkräften:
Während des 19. Jh. und auch heute noch gibt es erbitterte Debatten über den wahren Cremoneser Geigenlack. Die Auseinandersetzungen haben zahllose Bücher und Fachzeitschriften gefüllt. Dabei gab es immer wieder Kuriositäten, die zum Schmunzeln anregen. Offensichtlich hat es viele Besessene gegeben, die bis zum Wahnsinn wie auf der Suche nach dem "heiligen Gral" das Geheimnis um den wahren Geigenlack lüften wollten. Andere versuchten, arithmethische Proportionen in den Konstruktionen Stradivaris wiederzuentdecken. Wieder andere führten den besonderen Klang auf eine diffizile tonliche Abstimmung von Decke und Boden, Luftraum usw. zurück und schrieben Bücher über ihre Erfahrungen. Es gab Autoren, die den Klang auf das lange Wässern des verwendeten Holzes in Flüssen zurückführten. Wieder andere meinten, es handele sich bei der verwendeten Holzsorte um eine ausgestorbene Pflanzenspezies.

Ein generelles Problem ist, daß geigenbautechnische Aufzeichnungen erst einige Jahrzehnte nach 1750 vorliegen. So gab es Ende des 18. Jh. eine preisgekrönte Arbeit über die Proportionen im Geigenbau eines Theoretikers. Erst mit dem Jahre 1809 gab es eine erste Geigenbauanleitung durch Jacob August Otto, dem auch die Anbringung der sechsten Seite bei der Gitarre zugeschrieben wird, die bis heute (Gitarre) in ihrer Stimmung gleich geblieben ist.

J. A. Otto erwähnt übrigens wie selbstverständlich, daß "die Alten" Bernsteinlack benutzt hätten. Diese Auffassung teilen auch zahlreiche amerikanische Geigenbauer der Gegenwart, obwohl dies sehr zweifelhaft ist.

Zurück zu Stradivari: Sein Sterbedatum ist amtlich überliefert: Der 18.Dezember 1737. Er hatte ein langes Leben genießen können und war auch noch - so läßt es sich vermuten - bis "nahe an die Grenze" in seiner Werkstatt. Die Arbeiten der letzten Jahre sind nicht mehr so hochwertig. Er hatte es zu Lebzeiten zu einem gewissen Wohlstand gebracht, was einem Künstler nur in sehr wenigen Fällen gelingt.

Seine Geigen sollen sauber, gleichmäßig, tragfähig und dynamisch klingen. Paganini, einer der frühesten echten Virtuosen und Komponisten in einer Person und ein Mensch auf dem die Bezeichnung "Teufelsgeiger" auch heute noch fest verhaftet ist, hat allerdings keine Stradivari benutzt.

Er machte nach seinem Tode den Namen "Guarneri del Gesu" weltbekannt, ein Meister, der stets im Schatten von Stradivari, teilweise sogar im Gefängnis unter widrigsten Umständen seine Instrumente bauen mußte. Er starb verarmt und wurde erst lange nach seinem Tode durch Paganini anerkannt. Heute gelten seine wenigen erhaltenen Instrumente zur absoluten Spitzenklasse. Die handwerkliche Ausführung ist der von Stradivari sicherlich unterlegen, jedoch haben seine Instrumente eine gewisse Portion "unbeschreiblicher klanglicher Leidenschaft" inne, die selbst Stradivaris Instrumente nicht haben.

Stradivaris Geigen und Guarneri del Gesus Geigen sind heute die wertvollsten der Welt.
 
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